Was sind Living History und historische Interpretationen?
Im weitestgehenden Sinn ist living
history1 alles das, was eine Verbindung
der Gegenwart mit der Vergangenheit hervorruft; dazu gehören z.B.
auch:
Warum Living History?
Living History in der Öffentlichkeit
Museen, historische Stätten und historische Veranstaltungen kommunizieren
mit ihren Besuchern auf verschiedene Weise:
Der Begriff living-history-interpretation schließt eine Reihe
von grundlegenden Methoden ein, die in der Regel in einer
Kombination
auftreten3
Absicht der vorgestellten Methoden ist die Wiederbelebung oder besser
Simulation der vergangenen materiellen Kultur, Technologie und
Verhaltensweisen. Auf Seiten des Veranstalters
(Museum/living-history-Einrichtung) steht der pädagogische Aspekt
im Vordergrund. Auf Seiten des Besuchers finden sich verschiedene Gründe
für das Interesse an living history. Dabei lassen sich folgende
Gründe isolieren:
Jede der genannten Methoden bedarf eines oder mehrerer interpreters4 (dt.: Dolmetscher). Freeman Tilden (1957) definiert den interpreter folgendermaßen:
Gemeint ist also tatsächlich im gewissen Sinne ein Dolmetscher, allerdings
nicht für eine Fremdsprache, sondern für die Vergangenheit, die
in Schrift-Quellen, Plastik, Architektur und archäologischen Funden
zu uns spricht. Die Methoden der historischen Interpretation
Historische Interpretationen (zusammengefasst mit anderen Sparten unter dem Begriff heritage interpretation, deutsch auch Kulturinterpretation) sind keine Fortsetzung der Museumspädagogik mit aufwendiger Ausstattung. Die Techniken der Interpretation wurden seit Anfang des 20. Jahrhunderts vor allem in den USA entwickelt und seitdem konsequent ausgebaut. Der Grundgedanke einer jeden guten Interpretation ist nicht die Verbreitung von Informationen. Vielmehr forderte der Altmeister dieser Kunstform Freeman Tilden schon 1957, dass Interpretationen das Leben und den Geist der Besucher bereichern sollen. Die Weitergabe von Informationen ist dabei nur die Basis, mit deren Hilfe die Interpretation die Bedeutung und Beziehungen vergangener Ereignisse und Personen sowie deren Wirkung auf das gegenwärtige Leben der Zuschauer einer Interpreation enthüllt. Schon daraus wird ersichtlich, dass Interpretationen nur von Fachleuten durchgeführt werden können, die mit den Grundlagen und den vielfältigen Techniken vertraut sind. Wir warnen an dieser Stelle ausdrücklich davor, nicht wegen äußerlicher Ähnlichkeiten das Tun von Re-enacmtent- und anderen Hobby-Gruppen, denen die Grundlagen der Interpretation meist gänzlich unbekannt sind, mit Interpretationen gleichzusetzen! Rete Amicorum setzt bei der Arbeit mit Publikum verschiedene Techniken ein, die sich auf zwei Urformen zurückführen lassen:
Alle unsere Displays bauen auf diesen grundlegenden Formen der living-history-interpretations oder ihren Mischformen auf. Zumeist beschränken wir uns dabei auf die third-person-interpretation, da sie einen engen Kontakt mit dem Publikum erlaubt. In speziellen Fällen greifen wir aber auch auf andere Kunstformen zurück. In den Techniken der heritage interpretation spiegelt sich deutlich der Gedanke des infotainments wieder. Gerade deshalb bieten solche Displays eine willkommene Ergänzung zu den oft statischen Präsentationen eines Museums. Mit Blick auf die first-person-interpretaion ist es uns aber wichtig, dass die Unterhaltung gegenüber der Information nicht überhand nimmt. Der Schwerpunkt von living history in der Öffentlichkeit ist eindeutig der pädagogische Nutzen. First- und third-person-interpretations liefern immer nur eine Teilwahrheit. Wir als interpreters achten deshalb darauf, dass diese Teilwahrheit für das Publikum nicht zur vermeintlich "ganzen Wahrheit" wird.
1 In Nordamerika wird unter "living history", "re-enactment" und "recreation" dasselbe verstanden. Vgl. Gallup zurück 2 Engl.: interpretation: dt. eigentlich künstlerische Wiedergabe oder auch Erklärung eines schwierigen Sachverhalts. Hier im Sinne einer Übersetzung durch den interpreter/Dolmetscher zu verstehen. zurück 4 vgl. Freeman Tilden, Gabriel Jerome Cherem 3-16. zurück 6 In der Museumspädagogik wie auch in der Didaktik und der Kommunikationswissenschaft ist der Begriff der interaktiven Kommunikation niemals auf einen Dialog beschränkt. Auch eine bei anderen ausgelöste sekundäre Kommunikation ist immer interaktiv. Der Rezipient wird z.B. zum Nachdenken angeregt, ein Handlungsablauf eingeleitet und/oder verändert; er tritt in ein verbales Gespräch mit sich oder seinen Mitbetrachtern ein (Glückler 2000). zurück 7 First-person-interpretations dürfen nicht ohne weiteres mit dem aus der Fantasy bekannten Rollenspiel-Verständnis gleichgesetzt werden. Der Rollenspiel-Charakter entwickelt sich über die verwendeten Quellen hinaus weiter und reagiert selbständig auf immer neue Spiel-Situationen - er führt gewissermaßen ein Eigenleben. Diese freie Entwicklung des Spiels und Charakters ist ein Merkmal des "Spaß"-Rollenspiels. Ein first-person-character bleibt dagegen auf den Inhalt der verwendeten Quellen beschränkt. Er ist deswegen in weiten Teilen mit einer Figur in einem Theaterstück vergleichbar, deren Handlungen sich mit jeder Aufführung wiederholen und immer zum selben Abschluß führen müssen. zurück
I. Glückler, Effektive Techniken der historischen Darstellung. Aufsatz (Heidelberg 2000).
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